Kastration & Verhalten
beim Hund
beim Hund
Ja? Nein? Vielleicht?
Das Thema der Kastration ist bei beiden Geschlechtern ein brisantes Thema, zu dem es viele unterschiedliche Meinungen und Standpunkte gibt.
Grundsätzlich sei festgehalten, dass das österreichische Tierschutzgesetz eine Entfernung von Körperteilen jeglicher Art ohne medizinische Rechtfertigung untersagt. Somit ist eine prophylaktische (Früh)kastration in jedem Fall neben der ethischen Frage ein Verstoß gegen geltendes Recht.
Die Kastration vor dem Erreichen des Erwachsenenalters, friert die Entwicklung faktisch im Stadium der Pubertät ein, was massive Auswirkungen sowohl auf die körperliche als auch auf die mentale Entwicklung des Hundes hat. Als Richtlinie für den Zeitpunkt der abgeschlossenen Entwicklung gilt bei der Hündin das Ende der dritten Läufigkeit und beim Rüden das korrelierende Alter (kann rassespezifisch abweichen).
ie Kastration dient in Ländern mit einer großen Anzahl an streunenden Hunden der Verhinderung weiterer Fortpflanzung, selbiges Ziel könnte allerdings auch durch eine Sterilisation erreicht werden.
Die Sterilisation verhindert ebenfalls die Möglichkeit der Fortpflanzung indem beim Rüden die Samenleiter durchtrennt werden oder bei der Hündin die Eileiter. Im Gegensatz zur Kastration (bei der beim Rüden die Hoden und bei der Hündin die Eierstöcke und meist auch die Gebärmutter chirurgisch entfernt werden) bleiben hierbei jedoch alle hormonellen Regelkreise unverändert bestehen.
Die Fortpflanzungskontrolle sollte als Grund für eine Kastration in unseren Breiten wegfallen, da Hunde bei uns im Normalfall in menschlicher Obhut leben und es der Verantwortung der Hundehalter obliegt, den eigenen Hund während der Fortpflanzungsperioden entsprechend zu beaufsichtigen bzw. an der Leine zu führen.
Umfrageergebnisse kommen zu dem Schluss, dass Kastrationen bei Rüden in den meisten Fällen aus Gründen der gewünschten besseren Verhaltenskontrolle (vorwiegend sogenannte Dominanzprobleme oder Aggressionsverhalten) durchgeführt werden. Bei Hündinnen wird eine Kastration meist aus Gründen der prophylaktischen Gesundheitsvorsorge (Stichwort: Tumore der weiblichen Geschlechtsorgane) durchgeführt.
Aktuelle wissenschaftlichen Studien zu Verhaltensänderungen wurden vor allem bei Rüden durch die sogenannte chemische Kastration möglich, da diese reversibel ist und gute Rückschlüsse auf die weitreichenden Konsequenzen zulässt.
So führt die (chemische) Kastration hinsichtlich Aggressionsverhalten lediglich bei Aggression gegen andere Rüden in seltenen Fällen zu einer Verbesserung. Sämtliche anderen Ausprägungen des Aggressionsverhalten wie territoriale Aggression oder Angstaggression konnten durch Kastration nicht signifikant verändert werden, v.a. bei der Angstaggression kommt es meist zu einer Verschärfung des Problems. Weiters kommen die durchgeführten Studien zu dem Ergebnis, dass jagdlich motiviertes Verhalten in den meisten Fällen massiv zunimmt.
Bei Hündinnen spielt das Verhalten als Grund für die Kastration eine untergeordnete Rolle, prinzipiell hat man aber herausgefunden, dass sich Themen wie Futteraggression und allgemeine Rüpelhaftigkeit durch Kastration eher verschlechtern als verbessern. Lediglich die sogenannte „Zickigkeit“ während der Läufigkeit gegenüber anderen Hündinnen kann sich vermindern, wobei es sich hierbei lediglich um einen temporären Zustand handelt, der als Grund für eine Kastration kaum eine Rolle spielen sollte.
Häufige Folgeerkrankungen nach der Kastration
Da eine Kastration bei beiden Geschlechtern Einfluss auf das hoch-komplexe hormonelle Regelsystem des Körpers hat, können neben Veränderungen im Verhalten auch einige körperliche Symptomkreise gehäuft bei kastrierten Hunden festgestellt werden:
ir sollten davon Abstand nehmen, unsere Hunde kastrieren zu lassen, weil man das heutzutage eben so macht. Es gibt natürlich Fälle – vor allem gesundheitlicher Natur – in denen eine Kastration angebracht und notwendig ist. Wir möchten Euch mit diesem Artikel jedoch dazu anregen, diese irreversible Entscheidung zum Wohle Eures Hundes und in Folge auch zu Eurem Besten gründlich zu überdenken, Euch einzulesen und am besten auch mit dem Tierarzt Eures Vertrauens in Ruhe zu erörtern.
Eure Hunde werden es Euch danken!
Sophie Strodtbeck, Udo Gansloßer (Klick mich!)
Österrreichisches Tierschutzgesetz (Klick mich!)
Dieser Beitrag wurde von Martha Verena Höhr (Leitung: Hundeschule Willenskraft Graz & Umgebung) verfasst